Thursday, October 05, 2006

Der Zwiespalt

Lahmia wurde an einem heissen Sommertag geboren. Ihre Mutter hatte lange in den Wehen gelegen, aber schlussendlich gebar sie eine gesunde Tochter. Vom ersten Schrei allerdings war ihr Schicksal besiegelt. Sie konnte die Abstammung des Vaters nicht verleugnen. Von ihm hatte sie ihre zierliche Gestalt und die spitzen Ohren geerbt.

Alsa entschied, dass ihr Kind den Namen Lahmia tragen sollte, denn die kriegerischen Lahmias in der Nähe des Dorfes waren für die entbrannte Liebe zwischen Elorion und ihr verantwortlich. Die Dorfältesten waren weder mit der Namensgebung, noch mit dem Kind einverstanden. Sie wollten es im nahegelegenen Fluß aussetzten, doch Asla erwies sich als wehrhafter als erwartet.
Da Asla noch im besten Alter war, konnten die Dorfältesten aber auf sie nicht verzichten. Sie rechneten sich noch weitere Nachkommen von Asla aus, also duldeten sie die kleine Lahmia in ihrer Mitte.

Das Lahmia lediglich geduldet war, spürte sie sobald sie die ersten Schritte laufen konnte. Sie hatte nie richtige Freunde gefunden und konnte auch bei den Spielen der Dorfkinder auf Grund ihrer zierlichen Gestalt kaum mithalten. Nur wenn es darum ging, sich zu verstecken, war Lahmia eine der besten. Wohl eine der elfischen Eigenschaften, die hier von Vorteil waren. Auch erkannte sie schnell, dass ihr Vater ihr einiges an magischen Fähigkeiten hinterlassen hatte. Schon als kleines Kind lernte sie manche arkanen Kräfte zu ihrem Vorteil zu nutzen. Sie wollte lediglich Anerkennung von den Gleichaltrigen, doch stattdessen stieß sie auf Unverständnis, Furcht und Neid.
Auch die Magie brachte sie den Menschen nicht näher. Im Gegenteil sie wurde nun immer öfter als Elf bezeichnet und Elfen wären die Wurzel allen Übels. So die Meinung einiger Dorfbewohner.

Als Lahmia das vierzehnte Lebensjahr erreicht hatte, kam Asla zu ihr und bat sie um ein ernstes Gespräch. Asla erzählte von ihrem Vater Elorion und dass er sie in den letzten Tagen besucht hatte. Sie haben lange über die Situation gesprochen, in der sie sich befinden und Elorion hat vorgeschlagen, Lahmia in eine elfische Siedlung zu bringen. Vielleicht war sie bei den Elfen besser aufgehoben als bei den Menschen. Er war ausserdem sehr stolz, dass sich das magische Talent bei ihr ebenfalls durchgesetzt habe. Leider könne er sie nicht selbst in die Siedlung bringen, aber er hatte versiegelten Brief hinterlassen, welcher ihr die Aufnahme in eine nahegelegenen Sippe der Waldelfen zusichern solle. Um ihrer Sicherheit willen willigte Lahmia schweren Herzens ein.
Einige der Dorfbewohner konnten ihre Erleichterung nicht verbergen als Lahmia zum letzten Mal über den Dorfplatz schritt. Wenige waren gekommen um ihr Glück zu wünschen. Asla wartete im Dorf bis Lahmia am Horizont verschwunden war. Sie wusste, dass sie ihre erstgeborene Tochter nie wieder sehen würde.

Die Reise dauerte weniger als eine Woche, als Lahmia bei den Waldelfen ankam. Misstrauisch wurde sie von den Wächtern der Sippe beobachtet, während der Brief auf seine Echtheit untersucht wurde.
Schließlich legte sich ein zufriedener Ausdruck auf das Gesicht des Ältesten, welcher den Brief untersucht hatte. Lahmia konnte in die Sippe aufgenommen werden und ein ergrauter Waldelf mit dem Namen Sebulon nahm sich ihr an. Sofort wurde sie aber erkannt als das was sie war. Ein Geschöpf unreinen Blutes, eine Halbelfe. Obwohl die Elfen ihre Abneigung nicht so offensichtlich zeigten wie die Menschen, waren sie noch unerbittlicher in ihrem Verhalten.
Wo die elfischen Kinder konnten benachteiligten sie Lahmia. Diesmal war sie es, die im Vergleich zu den Elfenkindern, eine stärkere Statur hatte, konnte aber mit den Spielen der Kinder dennoch nicht mithalten. Die Elfen hatten mehr Spiele, die den Geist beanspruchten und weniger den Körper. Auch hier hatte sie einige Defizite, die sie allerdings auch nicht mit Magie wettmachen konnte. Zaubern konnte in der Waldelfensippe beinahe jedes Kind.

Lahmia begann sich immer mehr in sich zurück zu ziehen und schon bald hatte sie sich eine imaginäre Freundin erschaffen. Hier hakte Sebulon ein. Er erforschte gemeinsam mit Lahmia die Natur dieser Freundin und erkannten in Lahmia Ansätze der thaumaturgischen Ausrichtung. Waren Thaumaturgen unter den Hochelfen bekannt, befanden sich sehr Wenige unter den Waldelfen. Von den Halbelfen waren keine Zahlen bekannt, allerdings gab es sehr wenige Halbelfen, was weiter bedeuten würde, dass sich noch weniger Thaumaturgen unter den Halbelfen befinden mochten.

Sebulon stieß bald an die Grenzen seiner Lehrfähigkeit. Er war von Elorion verständigt worde, dass er seine Tochter unter die Fittiche nehmen solle und möglicherweise zu einer Druidin oder Waldläuferin ausbilden solle, je nachdem wo ihre Stärken liegen mochten. Aber die Zeichen konnten nicht missverstanden werden. Das Schicksal hatte entschieden.
Da Lahmia in der Waldelfensippe nie die Anerkennung finden würde, die sie verdient, schmiedete Sebulon einen Plan. Er hatte von der Stadt Qeynos gehört, wo alle Lebewesen gleich behandelt wurden, und von einer gütigen Herrscherin geführt wurden. Lahmia sollte von den verzauberten Landen nach Qeynos reisen um dort ihr Glück zu versuchen. Also bezahlte er einen Händler für die Überfahrt nach Qeynos. Der Abschied fiel auch in der Elfensippe eher reserviert und ohne viel Herzlichkeit aus, aber die junge Lahmia bestieg das Schiff, welches sie in ein neues Leben führen s

Wednesday, October 04, 2006

Eltern

Ihren Vater hatte sie nie kennengelernt. Sie kannte ihn nur aus den Geschichten ihrer Mutter. Er sei eines Tages im Fluß gelegen, ein Goblinpfeil hatte sich in seine Schulter gebort und er war zerschunden. Offenbar war er vom nahen Triefauge geflohen und in den Fluss gestürzt. Asla habe ihn aufgenommen und gesund gepflegt. Elorion wollte seine Dankbarkeit zeigen und unterstützte Asla im Haus und am Feld. Er war ein großer Magier, denn auf den Feldern hatten von diesem Tage an nur magische Kreaturen gearbeitet. Der Ertrag der Felder hatte sich verdoppelt, aber Asla hatte ein ganz anderes Problem. Sie hatte sich in den groß gewachsenen Elfen verliebt, konnte und durfte ihre Lieber aber nicht zeigen. Es war ihr von den Dorfältesten verboten worden. Sie wollten den Elfen sogar sich selbst überlassen als er mit dem vergifteten Pfeil gefunden worden war.

Doch auch Elorion hegte insgeheim zärtliche Gefühle für seine Retterin. Auch er wusste, dass es verboten war und niemand in seiner Rasse diese Gefühle für ein Menschenweib würde verstehen können. Erst redete er sich ein, es war Dankbarkeit für seine Rettung. Aber nach und nach erkannte er, dass er sich selbst belog. Er hatte sich ebenfalls in Asla verliebt. Als sie eines Tages auf den Feldern waren und Elorion der Arbeit mit seinen magischen Kreaturen nachging kam Asla aus dem nahe gelegenen Wald gerannt. Schon von Weiten war zu erkennen, dass sie von Lahmias verfolgt wurde. Diese Wesen hatten in der letzten Zeit das Dorf terrorisiert, waren aber bisher noch nie so dreist gewesen einen offenen Angriff während des Tages gegen einen Dorfbewohner zu führen. Lahmias hatten Hörner auf dem Kopf und einen Tierschweif. Sie waren von Natur aus wunderschön. Vielleicht waren sie Verwandte von den Sirenen, die mit ihren Liedern ganze Schiffsmannschaften betäubten und in den sicheren Tod führten, denn auch die Lahmias pflegten ein Lied auf den Lippen zu führen wenn sie in den Kampf zogen. Sie kämpften mit einer Grazie, die einer Ballerina würdig war.

Elorion erkannte sofort die Gefahr. Obwohl er schon seit mehr als einem Jahr keine destruktive Magie mehr gewirkt hatte, kamen die Zauberformeln sehr leicht von den Lippen. Ein Feuerelementar nahm vor Elorion Gestalt an und er schickte seinen Helfer voraus. Asla hatte sich mittlerweile in eine nahegelegene Scheune geflüchtet und beobachtete den Elf. Er kämpfte tapfer, an seiner Seite das Feuerelemtar, welches einen hohen Blutzoll bei den Lahmias forderte. Die Lahmias mussten herbe Verluste hinnehmen, bevor sie die Flucht in die Wälder antraten. Da Elrorion wusste, allein werde er keine Chance gegen einen ganzen Stamm der Lahmias haben, setzte er ihnen nicht nach. Auch wusste er, dass er zu den Dorfbewohnern nicht gehen brauchte um sie um Hilfe zu bitten, denn sie vertrauten ihm nicht. Mehr noch, manche gaben ihm an den Angriffen der Lahmias die Schuld.

Elorion hatte gesehen, dass sich Asla in die Scheune geflüchtet hatte und sah sofort nach ihr. Asla war noch immer atemlos von ihrer Flucht und schluchzte. Der Schrecken vor den Lahmias stand ihr ins Gesicht geschrieben. Elorion schloß Asla in seine Arme und spendete ihr Trost. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und trocknete ihre Tränen. Sie waren sich bisher noch nie so nahe gewesen. Sein Gesicht befand sich nur wenige Zentimeter vor dem ihren. Er konnte genau ihre rehbraunen Pupillen erkennen, die kleine Unreinheiten aus goldenen Tupfen hatten, wodurch ihre Augen immer einen glänzenden Eindruck machten. Sie hatte den gleichen unschuldigen Ausdruck wie bei ihrem ersten Treffen als er aus der Bewußtlosigkeit nach seiner Flucht aus Triefauge erwachte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie wollte etwas sagen, doch Elorion presste seinen rechten Zeigefingr auf ihre Lippen. Sie sah zu seinem Finger hinunter und auch er folgte ihrem Blick. Sie hatte wunderbar geformte Lippen, nach denen sich auch ein Vertreter seiner Rasse sehnten. Behutsam senkte sie seinen Arm und kam seinem Gesicht näher. Als sich ihre Lippen berührten zerriß ein unsichtbares Band. Sie liebten sich in Mitten des Strohs in der Scheune und irgendwann schliefen sie gemeinsam ein.

Am nächsten Morgen erst wurde ihnen bewußt was sie getan hatten. Ihre Liebe musste ein Geheimnis bleiben. Also trafen sie sich regelmässig in der Scheune um ihren Gefühlen nachzugeben. Schnell wurde Asla schwanger. In den ersten Monaten konnte sie ihren Bauch vor den Männern im Dorf noch verstecken, aber es wurde immer schwieriger.

Als sie von den Dorfältesten eines Abends zur Rede gestellt wurde, gestanden Elorion und sie ihre Liebe vor der ganzen Gemeinschaft. In den Augen der Dorfbewohner konnten sämtliche Gefühle gelesen werden. Überraschung, Verständis, Freude, aber auch Zorn und Hass. Besonders die jungen Männer, die Asla schon den Hof gemacht hatten, bevor Elorion im Fluß gefunden worden war, versprühten Hass und Zorn. Einige der Dorfältesten dachten genauso wie die Jungen. Ihnen war eine Frau von einem Außenseiter genommen worden.

Elorion wurde davongejagt. Er wollte keine Magie gegen die Dorfbewohner einsetzen. Den Ältesten rang er das Versprechen ab, dass Asla nichts geschehen werde, wenn er ginge. Die Ältesten gaben ihr versprechen unter der Bedingung, dass Elorion nie wieder zurückkehren dürfe.

Die jungen Liebenden trennten sich unter Trauer und Schmerz. Es war besiegelt. Asla sollte überwacht werden. Was mit dem Bastard in ihrem Bauch passieren würde, wagte sie sich nicht vorzustellen. Sie gab Elorion noch den ungefähren Zeitpunkt ihrer Niederkunft bekannt und dass sie versuchen werde so oft wie möglich in ihrer Scheune zu sein. Elorion aber sagte nur, dass er aus der Ferne über sie beide wachen werde.