Wednesday, October 04, 2006

Eltern

Ihren Vater hatte sie nie kennengelernt. Sie kannte ihn nur aus den Geschichten ihrer Mutter. Er sei eines Tages im Fluß gelegen, ein Goblinpfeil hatte sich in seine Schulter gebort und er war zerschunden. Offenbar war er vom nahen Triefauge geflohen und in den Fluss gestürzt. Asla habe ihn aufgenommen und gesund gepflegt. Elorion wollte seine Dankbarkeit zeigen und unterstützte Asla im Haus und am Feld. Er war ein großer Magier, denn auf den Feldern hatten von diesem Tage an nur magische Kreaturen gearbeitet. Der Ertrag der Felder hatte sich verdoppelt, aber Asla hatte ein ganz anderes Problem. Sie hatte sich in den groß gewachsenen Elfen verliebt, konnte und durfte ihre Lieber aber nicht zeigen. Es war ihr von den Dorfältesten verboten worden. Sie wollten den Elfen sogar sich selbst überlassen als er mit dem vergifteten Pfeil gefunden worden war.

Doch auch Elorion hegte insgeheim zärtliche Gefühle für seine Retterin. Auch er wusste, dass es verboten war und niemand in seiner Rasse diese Gefühle für ein Menschenweib würde verstehen können. Erst redete er sich ein, es war Dankbarkeit für seine Rettung. Aber nach und nach erkannte er, dass er sich selbst belog. Er hatte sich ebenfalls in Asla verliebt. Als sie eines Tages auf den Feldern waren und Elorion der Arbeit mit seinen magischen Kreaturen nachging kam Asla aus dem nahe gelegenen Wald gerannt. Schon von Weiten war zu erkennen, dass sie von Lahmias verfolgt wurde. Diese Wesen hatten in der letzten Zeit das Dorf terrorisiert, waren aber bisher noch nie so dreist gewesen einen offenen Angriff während des Tages gegen einen Dorfbewohner zu führen. Lahmias hatten Hörner auf dem Kopf und einen Tierschweif. Sie waren von Natur aus wunderschön. Vielleicht waren sie Verwandte von den Sirenen, die mit ihren Liedern ganze Schiffsmannschaften betäubten und in den sicheren Tod führten, denn auch die Lahmias pflegten ein Lied auf den Lippen zu führen wenn sie in den Kampf zogen. Sie kämpften mit einer Grazie, die einer Ballerina würdig war.

Elorion erkannte sofort die Gefahr. Obwohl er schon seit mehr als einem Jahr keine destruktive Magie mehr gewirkt hatte, kamen die Zauberformeln sehr leicht von den Lippen. Ein Feuerelementar nahm vor Elorion Gestalt an und er schickte seinen Helfer voraus. Asla hatte sich mittlerweile in eine nahegelegene Scheune geflüchtet und beobachtete den Elf. Er kämpfte tapfer, an seiner Seite das Feuerelemtar, welches einen hohen Blutzoll bei den Lahmias forderte. Die Lahmias mussten herbe Verluste hinnehmen, bevor sie die Flucht in die Wälder antraten. Da Elrorion wusste, allein werde er keine Chance gegen einen ganzen Stamm der Lahmias haben, setzte er ihnen nicht nach. Auch wusste er, dass er zu den Dorfbewohnern nicht gehen brauchte um sie um Hilfe zu bitten, denn sie vertrauten ihm nicht. Mehr noch, manche gaben ihm an den Angriffen der Lahmias die Schuld.

Elorion hatte gesehen, dass sich Asla in die Scheune geflüchtet hatte und sah sofort nach ihr. Asla war noch immer atemlos von ihrer Flucht und schluchzte. Der Schrecken vor den Lahmias stand ihr ins Gesicht geschrieben. Elorion schloß Asla in seine Arme und spendete ihr Trost. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und trocknete ihre Tränen. Sie waren sich bisher noch nie so nahe gewesen. Sein Gesicht befand sich nur wenige Zentimeter vor dem ihren. Er konnte genau ihre rehbraunen Pupillen erkennen, die kleine Unreinheiten aus goldenen Tupfen hatten, wodurch ihre Augen immer einen glänzenden Eindruck machten. Sie hatte den gleichen unschuldigen Ausdruck wie bei ihrem ersten Treffen als er aus der Bewußtlosigkeit nach seiner Flucht aus Triefauge erwachte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie wollte etwas sagen, doch Elorion presste seinen rechten Zeigefingr auf ihre Lippen. Sie sah zu seinem Finger hinunter und auch er folgte ihrem Blick. Sie hatte wunderbar geformte Lippen, nach denen sich auch ein Vertreter seiner Rasse sehnten. Behutsam senkte sie seinen Arm und kam seinem Gesicht näher. Als sich ihre Lippen berührten zerriß ein unsichtbares Band. Sie liebten sich in Mitten des Strohs in der Scheune und irgendwann schliefen sie gemeinsam ein.

Am nächsten Morgen erst wurde ihnen bewußt was sie getan hatten. Ihre Liebe musste ein Geheimnis bleiben. Also trafen sie sich regelmässig in der Scheune um ihren Gefühlen nachzugeben. Schnell wurde Asla schwanger. In den ersten Monaten konnte sie ihren Bauch vor den Männern im Dorf noch verstecken, aber es wurde immer schwieriger.

Als sie von den Dorfältesten eines Abends zur Rede gestellt wurde, gestanden Elorion und sie ihre Liebe vor der ganzen Gemeinschaft. In den Augen der Dorfbewohner konnten sämtliche Gefühle gelesen werden. Überraschung, Verständis, Freude, aber auch Zorn und Hass. Besonders die jungen Männer, die Asla schon den Hof gemacht hatten, bevor Elorion im Fluß gefunden worden war, versprühten Hass und Zorn. Einige der Dorfältesten dachten genauso wie die Jungen. Ihnen war eine Frau von einem Außenseiter genommen worden.

Elorion wurde davongejagt. Er wollte keine Magie gegen die Dorfbewohner einsetzen. Den Ältesten rang er das Versprechen ab, dass Asla nichts geschehen werde, wenn er ginge. Die Ältesten gaben ihr versprechen unter der Bedingung, dass Elorion nie wieder zurückkehren dürfe.

Die jungen Liebenden trennten sich unter Trauer und Schmerz. Es war besiegelt. Asla sollte überwacht werden. Was mit dem Bastard in ihrem Bauch passieren würde, wagte sie sich nicht vorzustellen. Sie gab Elorion noch den ungefähren Zeitpunkt ihrer Niederkunft bekannt und dass sie versuchen werde so oft wie möglich in ihrer Scheune zu sein. Elorion aber sagte nur, dass er aus der Ferne über sie beide wachen werde.

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